Aufwertung des MeisterbriefsOGBL und Amelux plädieren für Reform der Berufsausbildung

Aufwertung des Meisterbriefs / OGBL und Amelux plädieren für Reform der Berufsausbildung
Das Handwerk müsse laut OGBL-Präsidentin Nora Back gefördert und seine Bedeutung für die Gesellschaft betont werden Foto: Editpress/Tania Feller

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Das Handwerk hat goldenen Boden. Ist das so? Dem Sprichwort, wonach sich im Handwerk gutes Geld verdienen lässt, glauben anscheinend immer weniger Menschen. Wie anders ließe sich der akute Mangel an Fachkräften erklären, der den Handwerksbetrieben seit Jahren zunehmend Sorgen bereitet. Laut OGBL und Amelux, der Vereinigung der Lehrmeister, muss das Handwerk besser promoviert und die Schulabschlüsse aufgewertet werden. 

Die Fahrt zur Konferenz, der Gang zum Bäcker – das alles habe mit dem Handwerk zu tun, sagte Christian Turk, Präsident der Amelux, am Donnerstag anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem OGBL-Syndikat Erziehung und Wissenschaft. Ohne Handwerk kann es auch mit der energetischen Transition nicht klappen. Wer installiert die Solaranlage auf dem Dach? Na gut, derzeit gibt es einige Lieferprobleme, aber ohne Handwerker läuft da nichts, so Turk.

Die Problematik des Fachkräftemangels treibt OGBL und Amelux seit längerem um. Es habe diesbezüglich auch Unterredungen mit einzelnen Regierungsmitgliedern gegeben. Aber Schulminister Claude Meisch habe sie bisher nicht empfangen, sagte Turk. Dabei hat die Vereinigung der Lehrmeister konkrete Vorstellungen, wie das Handwerk aufgewertet und seine Attraktivität gesteigert werden könnte. Es sei wichtig, das Handwerk zu fördern und seine Bedeutung für die Gesellschaft zu betonen, sagte ihrerseits OGBL-Präsidentin Nora Back. Dabei reichten schöne Worte nicht. Es müssten auch Taten folgen. Ideen und Forderungen habe man dazu. 

Seit einigen Monaten ziehen OGBL und Amelux an einem Strang. „Wir liegen auf einer Linie und haben gemeinsame Positionen“, sagte Back. Als Gewerkschaft sei man ständig damit konfrontiert, dass man sich auf den Wandel der Arbeitswelt vorbereiten und fit für den Strukturwandel machen müsse. Dass die Arbeitswelt sich digitalisiert, dass sich die energetische Transition stark auf die Arbeitsplätze auswirken wird, alte Jobs wegfallen und neue entstehen werden. Dass die Weiterbildung angepasst werden muss. 

Orientierung an schulischem Misserfolg

Amelux und OGBL kritisierten insbesondere, dass die Orientierung im Handwerk eigentlich auf dem Misserfolg der Schüler und Schülerinnen basiere. Reiche es in einzelnen Fächern nicht, würden die Jugendlichen zum Handwerk orientiert. Das dürfe jedoch nicht der Fall sein. Hinzu komme, dass die Schüler dann wenig Lust hätten, den Beruf zu erlernen, so Turk. Es müsse endlich in die Köpfe der Menschen, dass der einzige Weg nicht darin bestehen kann, die Kinder auf die Uni zu schicken. Das Handwerk sei das Fundament der Gesellschaft, betonte Back.

Laut Christian Turk sollten die Kinder bereits in der Grundschule mit der Welt des Handwerks in Kontakt kommen. So könnten Kindern fakultativ dienstag- oder donnerstagnachmittags Handwerksberufe gezeigt werden. Damit würde man auch die Eltern ansprechen. Turk zufolge sollte dem Meisterbrief die Anerkennung zukommen, die dieser verdient. Er soll auf Niveau 6 des europäischen Qualifikationsrahmens angehoben werden, käme damit einem Bachelor gleich, also einem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss. 

Die Gesellenprüfung DAP („Diplôme d’aptitude professionnelle“) müsste um ein Jahr verlängert werden. Damit würde sie dem Abitur gleichgestellt. Das erste Jahr würden die Schüler und Schülerinnen Vollzeit in der Schule verbringen, wobei sie sich im ersten Semester noch nicht für einen Beruf entscheiden müssten, so Turk. Vielmehr sollten sie sich bei Praktika in Betrieben umsehen und auch in Schulklassen hineinschauen, wie Berufsausbildung in der Schule erfolgt. Somit würde ein vollständiges Bild des Berufs vermittelt. So könnte auch die Zahl der Schulabbrüche reduziert werden, hoffte Turk.

Einmal die 10e geschafft, kämen die Jugendlichen in die 11e und müssten dann einen Betrieb finden, in dem sie ihre Lehre beginnen können. Wer keine Lehrstelle findet, sollte in eine Auffangklasse kommen, bis er einen Ausbildungsplatz gefunden hat. Schwächere Schüler, die es nicht bis zum DAP schaffen, sollten die Schule mit einem reformierten CCP abschließen können. Dabei sollte die Möglichkeit bestehen, doch noch zum DAP zu gelangen.

Nichts läuft ohne Handwerk

An der aktuellen Praxis der integrierten Projekte während der Ausbildungszeit des DAP soll nichts geändert werden, sagte Jules Barthel, Vizepräsident des SEW/OGBL. Derzeit müssen die Schüler in der Mitte der Ausbildung ein integriertes Zwischenprojekt („Projet intégré intermédiaire“, PII) absolvieren. Am Ende der Ausbildung steht ein integriertes Abschlussprojekt („Projet intégré final“, PIF) an. Aber das PII sei gewissermaßen fakultativ, so Barthel. Der Schüler, der das PII nicht schafft, kommt normal weiter, kann das PII im nächsten Jahr wiederholen. Reicht es auch dieses Mal nicht, kann er dennoch das Abschlussexamen machen.

Es gebe Schüler, die das PII nicht ablegen wollen, obwohl die Lehrlingsentschädigung bei erfolgreicher Prüfung leicht angehoben wird. Das PII sollte zwingend werden. Nur wer das PII schaffe, dürfe in das dritte Ausbildungsjahr weiterrücken, so Barthel. Der Vorteil des PII: Als Zwischenexamen zeigt es dem Schüler seinen aktuellen Wissensstand. Das anschließende Abschlussexamen verliert seinen Schrecken. 

Eine weitere Forderung betrifft die Lehrlingsentschädigung. Die ist je nach Beruf und Lehrstelle unterschiedlich hoch. Sie sollte jedoch für jeden gleich hoch sein. Ungerecht findet man es, dass die Schüler in der Berufsausbildung ihr Arbeitsmaterial wie Arbeitskleidung und Spezialschuhe selbst bezahlen müssen. Das sollte genauso unentgeltlich sein wie die Bücher im Sekundarunterricht. 

Man hoffe auf offene Ohren bei Schulminister Claude Meisch, sagte Christian Turk. Denn nichts läuft ohne Handwerk. Und ein Handwerk ist weit mehr als bloß Nägel einschlagen oder Schrauben drehen.

Kosti
6. November 2022 - 9.09

Seit Jahren immer wieder dasselbe Palaver, solange Bonzen aus Grosfirmen das Zepter in den Gremien schmeissen,werden niemals diese Berufe finanziell aufgewertet, sondern dauernd blockiert und auf unqualifiziertes Billigpersonal zurück gegriffen, diese modernen Sklaventreiber machen den eigenen Berufstand kaputt, also nicht wundern und meckern, anderseits werden sich aber goldene Nasen verdient.

gist
2. November 2022 - 9.36

nömmen Gefasels wéi säit Joerzéngten. 1974 bei der Iwerréchung vun den Meeschterdiplomen huet den deemolegen Präsident vun Handwierkerkummer, den Gaston Glesener, déck Téin geblosen, dat d'Handwierk misst revaloriséiert gin. Wat as geschitt? Näischt bis haut. An esou wärt et virun goen! Et zielen nömmen Tëntekullien, och wann se just en Ziedel ouni Feeler an hieren gehötzten Büro ausföllen können.

JJ
2. November 2022 - 9.26

Was macht der Akademiker wenn der Hahn tropft oder wenn die Elektrik nicht mehr funktioniert? Er ruft um Hilfe. Ohne das Handwerk liegt die Karre im Dreck.Das weiß jeder.